Vergleich Gemeinderat Markus Weigel / Gemeinde Untersteinach (am 29.10.2019)
Dieser Vergleich ist ein deutlicher Erfolg für Gemeinderat Weigel, für die IKT und für interessierte Bürger und Bürgerinnen in Bayern, die Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsrecht verlangen.
In der Gemeinde Untersteinach sollte eine „Wasserstudie“ des Ingenieurbüros BaurConsult als Grundlage dienen, um zwischen der Sanierung des eigenen Brunnens „Pressecklein“ (mit geringem Fernwasser-Zusatz) und einem Vollanschluss an das Fernwasser der FWO zu entscheiden. In der Gemeinderatssitzung am 7. März 2017 und in diversen Bürgerversammlungen waren dazu nur kurze PowerPointPräsentationen zu sehen, allerdings je nach Belieben auch mal Pläne oder Fotos. Gemeinderat Markus Weigel verlangte daher Akteneinsicht in diese „Wasserstudie“ sowie in Kostenkalkulationen, Plänen und Skizzen, die dazu gehören. Akteneinsicht wurde ihm nur kurz in der Verwaltung angeboten, nur in Geschäftszeiten, nur für ein, zwei Stunden pro Woche und nur mit handschriftlichem Abschreiben. Dazu sollte er nur ein teilweise geschwärztes Exemplar zur Einsicht bekommen, ohne Pläne, Skizzen und Bilder.
Am 29.10.2019 kam es im Verwaltungsgericht Bayreuth zu einem Vergleich, um ein für beide Seiten aufwendiges Verfahren abzukürzen.
Dieser Vergleich ist ein deutlicher Erfolg für Gemeinderat Weigel, für die IKT und für interessierte Bürger und Bürgerinnen in Bayern, die Akteneinsicht nach dem Umweltinformationsrecht verlangen.
(Artikel als pdf: Umweltinformation-Vergleich-Untersteinach-29-10-19)
Es wurde klar:
Nach dem Bayerischen Umweltinformationsrecht kann die Art der Übermittlung der Informationen von anfragenden Bürgerinnen und Bürgern weitgehend selbst gewählt werden. Also können Bürgerinnen und Bürger auch Kopien verlangen. Die Verweigerung von Kopien ohne schwerwiegenden Grund kommt einer Verweigerung der Akteneinsicht gleich.
Damit musste die Gemeinde einsehen, dass ihre altertümliche Regelung, Einsicht nur während der Dienststunden zu gewähren und auf handschriftlichem Abschreiben zu bestehen, nicht dem Gesetz entspricht und letztlich eine Schikane gegenüber interessierten Bürgern und Bürgerinnen darstellt. Transparenz sieht anders aus!
Das hätte man auch aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. März 2014 ersehen können (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. März 2014 – Az. OVG 12 B 20.12), wo dem Kläger volle Akteneinsicht gewährt wurde, in digitaler Form auf einem USB-Stick.
Für die IKT besonders wichtig: Mit der Trinkwasserversorgung wird „auf einen Umweltbestandteil eingewirkt“ – auf das Trinkwasser wie auf das Grundwasser. Damit sind Informationen über eine Trinkwasserversorgung Umweltinformationen nach dem Umweltinformationsgesetz! Und zwar nicht nur einige Daten aus dem Labor oder irgendwo beobachtete direkte Verschmutzungen, sondern die ganzen baulichen Anlagen und auch die Art der Wasserversorgung. Eigentlich ist das jedem Bürger klar, besonders nach den vielen Problemen mit Bakterien im letzten Sommer: Undichte Hochbehälter, verrostete Armaturen etc. können die Qualität des Trinkwassers beeinflussen, bis hin zur Notwendigkeit des Chlorens oder des Abkochens bei Auftreten von Bakterien. Auch die Entscheidung Fernwasser oder eigener Brunnen wirkt sich deutlich auf das Grundwasser aus: Werden Wasserschutzgebiete mit ihren Einschränkungen für die Landwirtschaft und für Baumaßnahmen errichtet, weiter betrieben oder aufgelöst, so wirkt sich das aus! Lange Zuleitungen bilden Eingriffe in den Boden. Übergabebauwerke für eine Fernversorgung wie Hochbehälter für eine Eigenversorgung stellen als Bauwerke ebenfalls Eingriffe in Umweltbestandteile dar.
Und daher sind auch Kostenschätzungen, die für eine Entscheidung zwischen Fernwasser und Eigenwasser wichtig sind, wichtige Umweltinformationen, die die Gemeinde zur Verfügung stellen muss. Dies hätte die Gemeinde schon aus dem ersten Schreiben des Rechtsanwaltes Baumann und dem dort erwähnten Gerichtsurteil…. erkennen können.
In Reaktion auf die Klage hatte der Rechtsanwalt der Gemeinde auch verlangt, der Kläger sollte darlegen, welche Schäden er für die Wasserversorgung fürchtet und wie wahrscheinlich diese seien. D.H. er verlangte als Voraussetzung für die Akteneinsicht eine Art Gutachten oder ausführliche Begründung. Dies widerspricht aber gerade dem Umweltinformationsrecht, das den Bürgern Informationen ohne Begründung zugesteht. (S.9/10)
Ein anderes Abwehrargument der Gemeinde, das Urheberrecht, zog ebenfalls nicht: Eine Kostenschätzung im Auftrag der Gemeinde kann nicht aus Gründen des Urheberrechts des Büros geheim gehalten werden.
Ein Punkt war Rechtsanwalt Baumann, der Markus Weigel vertrat, besonders wichtig: Die Gemeinde hatte das Begehren nach Akteneinsicht als zu allgemein, zu umfassend und zu ungenau dargestellt. Würde das gelten, käme man in folgendes Dilemma: Man hat keine Akteneinsicht, weiß also nicht genau, welche Unterlagen es zum Thema gibt und kennt auch die genauen Bezeichnungen der Akten nicht – müsste diese aber genau angeben, um Akteneinsicht zu bekommen. Damit würde das Recht auf Akteneinsicht ausgehebelt. Daher gilt: Wenn man die genaue Bezeichnung einer Akte nicht kennt, ist das kein Grund, die Einsichtnahme zu verweigern.
Hier ging es z.B. darum, dass die in der Diskussion als „Wasserstudie“ bezeichnete Ausarbeitung, die am 7.März 2017 als kurze Präsentation vorgestellt wurde und von der Gemeinde „Erläuterungsbericht“ genannt wird, tatsächlich „Wasserversorgung Untersteinach Sanierungskonzept, Erläuterungsbericht und Kostenschätzung“ heißt und das Datum 28.11.2016 aufweist.
Die Befürchtung eines zu großen Umfangs der Informationen (Eine Wasserversorgung besteht ja meist schon Jahrzehnte lang) hätte die Gemeinde leicht abwehren können, in dem sie eben das zur Verfügung stellt, was aktuell wichtig erscheint – dann kann der Antragsteller ja Nachforderungen erheben. Jedenfalls stellte die Gemeinde kurz vor dem Gütetermin in Erwiderung der Klage eine sinnvolle Liste von Informationen zusammen – warum nicht gleich?
In Anschluss an den Vergleich wurden diese Informationen Mitte Dezember Gemeinderat Weigel als Kopien übergeben. Besonders interessant für die Entscheidung zwischen Fernwasser und Eigenwasser ist die Kostenvergleichsrechnung nach LAWA, die zur „Wasserstudie“ gehört, aber nicht direkt darin enthalten ist. Dagegen führten die bisher geheim gehaltenen Bilder eher zum Kopfschütteln: ungepflegte Armaturen und ein Landschaftsbild mit Hochbehälter, wie es jeder Spaziergänger aufnehmen kann und wie es schon in der Zeitung stand.
Die Gemeinde Untersteinach trägt 100% der Verfahrenskosten, der Streitwert wurde auf 5000 € festgesetzt*.
In einem Punkt kam der Vergleich der Gemeinde entgegen, die auf das Risiko für die Infrastruktur pochte: Gemeinderat Weigel erhielt als Kopie einen kleinen Übersichtsplan des Leitungsnetzes, der Bauten der Wasserversorgung und geplanter neuer Leitungen, aber keine punktgenauen GPS-Daten dieser Bauten, wobei er aber in der Verwaltung Einblick in die großformatigen Pläne mit diesen Daten erhält. Er versicherte, dass er mit diesen Daten verantwortungsvoll umgeht – eine Selbstverständlichkeit für einen vereidigten Gemeinderat! Und letztlich verzichtete er auf die Berechnung, die den voraussichtlichen Verbesserungsbeiträgen und Gebühren zugrunde liegt. Auch mit den bisherigen Daten aus dem Infobrief der Gemeinde vom Juni 2018 konnten die „Pressecklein-Freunde“ zeigen, dass der Erhalt der eigenen Wasserversorgung für die Bürger langfristig günstiger ist als ein Vollanschluss an die FWO.
Wir teilen – vorsichtig – die Hoffnung des Richters, dass die Gemeinde und ihre Verwaltung in Zukunft vertrauensvoller mit engagierten Gemeinderäten, Bürgerinnen und Bürgern umgehen. Das könnte die Gemeinde damit zeigen, dass sie die Pläne und Kostenschätzungen für die jetzt beschlossene neue Variante 1a, die einen Teilanschluss an die FWO bedeutet, zügig zur Verfügung stellt.
Und von der Gesamtheit eines Gemeinderats kann man als Bürgerin oder Bürger eigentlich erwarten, dass der Gemeinderat nur nach gründlicher Information bereit ist abzustimmen! Fehlt die Information, sollten Gemeinderäte und Gemeinderätinnen eine Vertagung verlangen. Wenn die Mehrheit das nicht will, sollte man an die Öffentlichkeit gehen.
Jedenfalls ist es sehr bedauerlich, wenn ein einzelner Gemeinderat erst juristisch das Umweltinformationsrecht bemühen muss!
*Der Streitwert ist allerdings nicht die Summe, die irgendein Beteiligter zahlen müsste, sondern nur die Grundlage zur Berechnung der Gebühren.